Design Thinking in der Pandemie
Der Moment – Eine Person trägt den Mund- und Nasenschutz nicht korrekt. Klar können wir die Person freundlich auf die aktuellen Hygienemaßnamen hinweisen – aber welche Optionen gibt es noch?
Könnten wir an anderer Stelle dafür sorgen, dass solch eine Situation gar nicht entstehen kann? In diesem Blogartikel möchten wir Wege aufzeigen, Probleme besser zu verstehen und lösen zu können.
Design Thinking
Komplexe Problemstellungen können mit einer systematischen Herangehensweise, wie dem Design Thinking, durchdrungen und anschließend gelöst werden.
Die Herangehensweise des Design Thinking eignet sich auch hervorragend für Fragestellungen jenseits der klassischen Design-Disziplinen, wie Formgebung und Gestaltung. Während die Wissenschaft und Praxis eine technische Lösung für eine Aufgabe und ein Problem anstreben, fokussiert sich Design Thinking auf die Interessen der Nutzenden. Durch die Brille der Nutzenden zu schauen und somit das Problem aus deren Perspektive zu betrachten, ist das Ziel.
Design Thinking ist ein menschenzentrierter Innovationsansatz, um neuartige Produkte, Services oder Erlebnisse zu gestalten, die nicht nur attraktiv, sondern auch realisierbar und marktfähig sind.
Design Thinking fordert eine stetige Rückkopplung zwischen den Entwickelnden einer Lösung und einer Zielgruppe. Direkte Befragung der Zielgruppe, aber auch die Beobachtung von Abläufen und Verhaltensweisen sind fester Teil der Prototypenentwicklung. In mehreren Testschleifen wird das Feedback von potenziellen Zielgruppen eingeholt und bis zur Markteinführung berücksichtigt.
Beispiel Parkanlage
Ein simples Beispiel ist die Gehweg-Gestaltung einer Parkanlage. Die hier beschriebene Parkanlage bestand anfangs nur aus einer umgestalteten Rasenfläche. Nicht mehr.
Doch die Menschen nutzten Park. Über mehrere Wochen bildeten sich so „Lieblingswege“ in Form einfacher Trampelpfade kreuz und quer über die Fläche.
Entstanden war nicht nur eine grafisch anmutende Gestaltung der Parkfläche, sondern auch ein organisches Wegenetz, vollkommen im Sinne der Nutzenden. Nach diesem Prozess konnten dann die Wege gepflastert werden.
Dass solch ein Prozess effizient sein kann und funktioniert, hat übrigens die Universität von Oregon gezeigt. Dort wurde das Campusgelände durch die Studierenden mit den Füßen „mitgestaltet“.
Funktion der Maske im Fokus
Zurück zu unserem Eingangsbeispiel mit der unkorrekt getragenen Mund-Nasenmaske. Das Problem der Maske ist ihre Funktion. Sie wurde entwickelt, um das Verbreiten von Aerosolen zu verhindern, oder zumindest zu erschweren. So soll die Übertragung ansteckender Erkrankungen vermieden werden. Eine klar technische Lösung.
Zu welchen Lösungen könnten wir aber mittels Design Thinking kommen? Was wäre, wenn wir die Menschen fragen, was sie beim Tragen der Maske stört? Wenn wir die künftigen Nutzenden im Entwicklungsprozess beteiligen?
So können wir Bedürfnisse und Wünsche im Entwicklungsprozess integrieren. Andere Farben, weitere Funktionen oder einfach eine bessere Kommunikation können das Tragen der Maske zu einem neuen Erlebnis machen. Können wir so das Tragen der Maske attraktiver gestalten?
Design Thinking und die Maske
Wir stellen uns vor, dass eine neue Maske mit Ansätzen aus dem Design Thinking entwickelt wird.
Der Prozess startet mit einem gemeinschaftlichen Wissensaustausch.
So kann bei einem Brainstorming notiert werden, was die “Maskenmuffel” stört. Zum Beispiel: Die Maske ist unbequem, sie verursacht Atemnot und verhindert die Kommunikation über die Mimik. Ein anderer “Maskenmuffel” erkennt die Notwendigkeit des Tragens nicht und versteht andere Maskenträger nur schlecht.
All diese Probleme wurden bei der Entwicklung der Maske vermutlich nicht berücksichtigt. Vor der Corona-Epidemie ging es wohl primär darum, die Verbreitung der Aerosole zu verhindern und die Maske kostengünstig produzieren zu können.
Zuhören hilft.
Ein nächster Schritt im Design Thinking Prozess könnte nun das Interview sein. Wir fragen Personen, die Masken tragen, was sie stört und was sie sich wünschen würden. Anhand der Aussagen können wir eine Persona erstellen. Für das Interview haben wir drei Schwerpunkte. Wir schauen genau, wen wir interviewen, was unsere Persona benötigt und erstellen daraus eine Hypothese.
In diesem Beispiel haben wir Jakob interviewt, der nicht genau weiß, was das Tragen der Maske bringt. Er stört sich auch an der fehlenden Mimik und versteht die Personen um ihn herum schlechter, wenn diese eine Maske tragen. Im Interview erzählt er uns von einer unsichtbaren Maske, die von einem Gaming Hersteller entwickelt wurde.
Lösungsansätze.
Jetzt haben wir die Wissensbasis geschaffen, um Ideen zu entwickeln, wie die Zukunft mit Maske gestaltet werden kann. Das Problem der fehlenden Mimik kann durch eine unsichtbare Maske gelöst werden. Die schlechte Verständlichkeit durch ein integriertes Mikrofon. Diese Lösungen klingen abstrakt und nicht umsetzbar. Im Design Thinking gibt es keine Grenzen. Die Umsetzbarkeit wird im weiteren Prozess geprüft. Im Fokus steht im jetzigen Prozess die Problemlösung.
Fiktiver Prototyp.
Folgend können wir unsere Lösung bauen. Der Prototyp einer Maske, die gern getragen wird. Als Beispiel könnte ein Gesichtsschutz beim Eishockey dienen. Ein komplettes Visier. Am besten durchsichtig, mit integriertem Sonnenschutz, Kopfhörern, Mikrofon und für Brillentragende mit verstärktem Glas. Alle Funktionen können über eine App gesteuert werden und unsere Maske wird in den sozialen Medien beworben.
Dieser Prototyp ist sehr fiktiv und kann fernab der Realität sein. Die Umsetzbarkeit steht weiterhin nicht im Fokus.
Nun hauchen wir den Prototypen leben ein. Wir erarbeiten im Team eine Vorstellungsmethode, um unseren Prototyp Jakob vorzustellen. Wir machen den Prototyp erlebbar. Dies kann sehr vielfältig aussehen. Eine Zeichnung, ein Werbespot oder eine Präsentation.
Dann ist es so weit. Wir stellen unseren Prototyp Jakob vor. Wir erklären ihm die Funktionen des Prototyps und geben Jakob einen Ausblick in seine Zukunft mit unserer Maske. In diesem Prozess notieren wir das Feedback von Jakob, egal ob positiv oder negativ.
Je nach Feedback kann jetzt schon eine Entscheidung getroffen, ob unser Produkt markttauglich ist, oder ob es keinen Nutzen für die potenzielle Zielgruppe hat. Erst danach wird die Umsetzbarkeit geprüft.
Der Design Thinking Prozess hätte sich auch in ganz andere Richtungen entwickeln können. Sei es, die Maske optisch zu verschönern, damit mehr Nutzende die Maske gern tragen. Oder einfach die verbesserte Kommunikation, in Form von einem Werbespot, der die Bevölkerung sensibilisiert und motiviert, die Maske immer zu tragen.
Fazit
Mit Design Thinking – einem systemischen und nutzerzentrierten Ansatz – wären noch viele weitere Lösungen möglich, um Probleme grundsätzlich zu verstehen und anzugehen. Produkte und Dienstleistungen für die Zukunft können so nachhaltig und innovativ entwickelt werden.
Für nutzer*innenzentrierte Konzepte und ganzheitliche Lösungen nutzen wir – neben Design Thinking – noch weitere spannende Methoden und Werkzeuge.
Wir sind gespannt auf die nächsten Herausforderungen und unsere gemeinsamen Lösungen für eine lebenswerte und bunte Zukunft.