Was von der Zukunft bleibt – ein Kommentar zur Zeit

 

Der Zukunft zugewandt

Egal, ob klassisch oder digital, mit Blick in die Medienlandschaft der vergangenen Monate kann man den Eindruck gewinnen, einer neuen Hochzeit der Zukunftszugewandtheit beizuwohnen. Sogenannte Experten und Analysten bemühen sich angestrengt, eine neue Welt zu beschreiben.

Dabei stehen dann dunkle Prognosen, zum Beispiel eine Wellenbewegung tiefgreifender globaler Wirtschaftskrisen, freundlichen Bildern einer entschleunigten, solidarischeren und Homeoffice-digitalisierten Welt gegenüber.

Was wir da vorgelegt bekommen, ist aber weniger ein aussagekräftiger Blick in unsere Zukunft, sondern meist vielmehr nur das Spiegelbild unserer Verunsicherung in der Gegenwart.

Der Wandel, das stetige Schreiten in die Zukunft ist ja permanent – nur in Krisenzeiten wollen wir eben, aufgeschreckt aus der Gemütlichkeit des Alltags, besonders schnell und genau wissen was kommt.

Die Kraft des Unglaublichen

Jenseits der Post-Krisen-Spekulationen und einfacher Trend-Extrapolation gibt es aber durchaus auch Erkenntnisse über Zukunftsformendes, mit denen wir klarer nach vorne blicken können. Die erste Erkenntnis wiederholt sich auch in der aktuellen Coronakrise:

Es wird immer wieder Ereignisse mit einer extrem geringen Eintrittswahrscheinlichkeit, aber gleichzeitig massiven Konsequenzen geben, die das Gefüge der Welt nachhaltig verschieben. Ob von Menschen herbeigeführt oder in Form von Naturkatastrophen.

Viele dieser Vorfälle schaffen erst im Nachhinein ein Bewusstsein für ihre Umformungskraft. Anderen möglichen Ereignissen können wir jedoch vorab begegnen – beispielsweise über die stetige Erinnerung an die Gefahr (z. B. Kerntechnik, Erdbeben) oder das Erringen von Verständnis für eine aufkommende Gefahrenquelle (z. B. Künstliche Intelligenz, Veränderung des Ökosystems).

Entscheidend ist unserer Meinung nach also nicht die rechnerische Größe des Eintritts, sondern das Bewusstsein, dass solch ein Ereignis jederzeit in unser Leben treten kann – und wird. Wir müssen lernen, mit dem Unwahrscheinlichen zu leben.

Stetiger Wandel

Neben besonderen, punktuellen und lange nachklingenden Ereignissen, lässt sich weiterer Treibstoff für die Formung unserer Welt finden und benennen. Zwei Prozesse z. B. stehen aktuell stark flankierend um unser Unternehmertum und unsere Arbeitskultur.

Zum einen – auch wenn es manche nicht mehr hören können – der schon erwähnte Klimawandel. Zum anderen der Wissensdurst und die technische Entwicklungslust des Menschen. Konkret: Aktuelle digitale Entwicklungen.

Die globalen Veränderungen unseres Klimas und ihre mannigfaltigen Konsequenzen für unser Leben können aus keinem Gedanken über unsere Zukunft – dabei auch Geschäftsmodelle – herausgelassen werden. Obgleich abstrakt, da die Folgen der Erderwärmung ja nur in starkem örtlichen und zeitlichen Versatz erlebbar sind, wird der Klimawandel der zunehmend bestimmende Faktor für die Form unseres Zusammenlebens.

Wir haben es dabei in der Hand, wie schnell wir diesen Prozess erleben und wie wir die kommenden Fragestellungen meistern. Die wirkliche Herausforderung hierbei: wir selbst. Denn um der Erderwärmung zu begegnen, ist ein „Wandel des Klimas“ auf allen Ebenen menschlichen Lebens notwendig – das schließt alle Formen unseres Handelns mit ein: wirtschaftlich, sozial und ökologisch.

Ein anderer Treiber von Umwälzungen ist die Neugier und die Lust des Menschen, sich technisch fortzuentwickeln. Die Menschheitsgeschichte beweist die Kraft zur Umformung durch neu gewonnene Erkenntnisse über die Natur und den Menschen und die daraus resultierenden technologischen Entwicklungen.

Hier sind es die Konsequenzen digitaler Informationstechnologien, die unsere globale Gemeinschaft zuletzt weitreichend umgekrempelt haben und es noch tun. Bezogen auf das Potenzial zur Weltveränderung, stehen wir mit unseren Kinokarten aus dem Internet, unseren Filmstreamingdiensten und Smartphones noch ganz am Anfang des Möglichen.

Klar ist, das, was wir Digitalisierung nennen, ist weit mehr als nur ein hipper Augmented-Reality-Möbelkatalog. Es steht für eine Neuformung unserer Kultur, einen Schritt zu einem anderen Verständnis des Selbst. Auf dem Weg in die Zukunft wird die digital-analoge Grenze zunehmend verschwimmen.

Wie unser Übermorgen entsteht

Wir müssen es uns immer wieder vor Augen führen: Was wir heute entscheiden, was wir gerade tun, formt die Zukunft – auch über unser Leben hinaus.

Effektiv wirken wir dabei aber auf mehreren Ebenen: Direkt, in Form unseres Handelns, in dem, WAS wir machen. Und indirekt, in der Form, WIE wir etwas machen. Das WIE hat dabei besonderes Potenzial, langfristig zu wirken.

Neben dem reinen Ergebnis ist es vielfach die Art und Weise des Ereignisses, das unser Denken am stärksten verändern kann. Mit dem Wissen um die gravierende Verschmutzung der Ozeane, etwa durch Mikroplastik, betrachten wir Kunststoffprodukte nun mit anderen Augen. Oder etwa die großen Nuklearkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima (nicht zu vergessen der Horror und das Leid der Atomwaffenabwürfe) haben unseren Umgang mit der Technik der Kernspaltung nachhaltig verändert. Wir blicken heute anders in unsere Zukunft.

Unser Blick nach vorn

Die Kunst des Optimisten ist der strahlende Blick nach vorn. Eine positive Folge der Krise könnte dabei eine gesteigerte Zukunftslust sein – jenseits der Experten und Feuilletonisten.

Hier hilft es Genanntes ganzheitlich zu betrachten, Denkfallen zu überwinden und als miteinander verwoben zu verstehen. Der Klimawandel pausiert nicht während der Corona-Krise und die Digitalisierung ist nicht das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Veränderung ist stetig, Unwahrscheinliches ist plötzlich Realität – und das in einem noch komplexeren Wechselspiel mit lang wirkenden und ohnehin vielschichtigen Prozessen. Der Wandel unserer Welt ist fortwährend, das Kommende ist ungewiss – aber unser Morgen und Übermorgen können wir – und sollten wir – gemeinsam gestalten.

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